Skip to main content

Unter dem Motto „Wettbewerbsfähiges Oberösterreich: Standort im Wandel“ lud Beate Meinl-Reisinger, Initiatorin von Aufschwung Austria am 21. Juni 2023 ins Ars Electronica Center in Linz, um über den Wirtschaftsstandort zu sprechen.

Der Standort bestimmt den Standpunkt. Österreichs wirtschaftlicher Aufschwung der letzten Jahrzehnte sei eine Erfolgsgeschichte gewesen, so Beate Meinl-Reisinger zu Beginn. Das Österreich nach dem zweiten Weltkrieg sei auch mit einem Aufstiegsversprechen wiederaufgebaut worden. Mit geringerer Wettbewerbsfähigkeit sei auch das Versprechen nach eigenem Fortkommen in immer weitere Ferne gerückt, zeigte sich Beate Meinl-Reisinger eingangs überzeugt.

Am Podium (v.l.n.r.): Tina Märzendorfer (Textilpflege Leitgeb), Walter Kreisel (neoom), Beate Meinl-Reisinger, Iris Schmidt (AMS OÖ), Markus Hofer (Miba, UNOS)

Personalnot: Wo sind alle hin?

Auch der Arbeitskräftemangel habe sich innerhalb weniger Jahre von einem leidigen Thema auf Unternehmerseite zu einer Personalnot entwickelt, die in allen Bereichen spürbar sei, so Beate Meinl-Reisinger. Wo sind alle hin? 

Für Iris Schmidt, Landesgeschäftsführerin des Arbeitsmarktservice Oberösterreich, war die Antwort offensichtlich: In Beschäftigung. Mit 706.000 unselbstständig Beschäftigten arbeiten in Oberösterreich heute 100.000 Personen mehr als noch im Jahr 2008. Gleichzeitig lasse sich der Personalmangel auch mit den Pensionierungswellen erklären. Auf drei Personen, die in Pension gingen, kämen nur zwei nach.

Aus der Praxis pflichtete Tina Märzendorfer, Geschäftsführerin der Textilpflege Leitgeb, den Schilderungen von Iris Schmidt bei. Bei gleicher Auftragslage würde ihr Unternehmen mittlerweile mit rund dreißig Prozent weniger Personal als noch vor wenigen Jahren arbeiten. Fehlendem Personal müsse sie mit zunehmender Automatisierung und Digitalisierung begegnen.

Willkommensunkultur

Personalnot sei aber nicht nur mit mangelnder Kinderbetreuung zu begründen, sondern auch mit der geringen Attraktivität des Standorts für ausländische Fachkräfte. Österreich habe eine Willkommensunkultur institutionalisiert, kritisierte Markus Hofer, Chief Financial Officer der Miba. Die Rot-Weiß-Rot Karte sei grundsätzlich eine gute Idee, die Ausführung allerdings zu bürokratisch. So sollten beispielsweise nicht die Behörden, sondern die Unternehmen darüber entscheiden, welche Sprachen die Antragsteller beherrschten.

Dem konnte auch Walter Kreisel, CEO der neoom Group, zustimmen. Er würde unter anderem Personen aus der Türkei oder dem Iran beschäftigen. Deutsch sei kein Muss in seinem Unternehmen, Englisch genüge. Darüber hinaus habe er die Erfahrung gemacht, dass sich Neuankömmlinge schnell im Unternehmen einfinden und Deutsch erlernen würden.

Der Standort im Wandel: Digitalisierung und Künstliche Intelligenz

Angesprochen auf Automatisierung, Digitalisierung und künstliche Intelligenz gab Walter Kreisel zu bedenken, dass sein Unternehmen durch Künstliche Intelligenz enorme Effizienzsteigerungen verzeichnet hätte. Strom würde nicht mehr durch Energietrader eingekauft, sondern durch Algorithmen. Jene Personen, die sich früher mit den Strommärkten auseinandergesetzt hätten, würde er nun in der Datenanalyse einsetzen. Die Frage der Anpassung sei zentral.

Auch die Industrie passe sich an, gab Markus Hofer zu bedenken. Im internationalen Vergleich passiere dies in Europa jedoch ausgesprochen langsam. Ein Grund dafür sei auch die strenge Regulierung. Laut dem jüngst veröffentlichten IMD Index würden rund 60% aller Unternehmen eine Absiedelung aus Europa in Betracht ziehen. Diese Entwicklungen würden ihm zu denken geben, so Markus Hofer, der vor einem Tipping Point warnte. 

In all diesen Transformationen spiele auch das lebenslange Lernen eine große Rolle, so für Iris Schmidt. Unternehmen müssten ihre Mitarbeiter bei den enormen Transformationen mitnehmen und sie dafür qualifizieren. Sowohl die Schulen, die Unternehmen als auch das AMS hätten in diesen Entwicklungen einen Bildungsauftrag.

Abschließend waren sich alle einig, dass der Standort enormes Potenzial hätte. Dabei müsse der Fokus wieder auf mehr Freiraum für Unternehmen liegen. Unternehmertum müsse Freude machen.