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Energiepolitischer Blindflug

Nach einem äußerst turbulenten Jahr 2022 stand auch das Jahr 2023 weiterhin im Zeichen der energiepolitischen Krise. Obwohl sich die im letzten Jahr äußerst kritische Lage am Gas- und Strommarkt heuer zumindest etwas entspannt hat, war das Thema Energieversorgung auch 2023 omnipräsent. 

NAnhaltend hohe Energiepreise sorgen für zunehmende Verärgerung bei Kunden, belasten darüber hinaus die österreichische Wirtschaft gewaltig und heizen damit nicht zuletzt die Inflation weiter an. Doch die Regierung hat das Jahr 2023 leider in weitgehender Untätigkeit verbracht und gefährdet damit in fahrlässiger Weise den Wirtschaftsstandort und somit unseren österreichischen Wohlstand.

Seit dem Überfall Russlands auf die Ukraine wurden in Europa etliche Hebel in Bewegung gesetzt, um die Abhängigkeit von russischem Gas schnellstmöglich zu verringern. In Deutschland wurden etwa in Rekordzeit neue LNG-Terminals und entsprechende Infrastruktur errichtet, um russisches Gas langfristig zu ersetzen. Und während ganz Europa entschlossen nach Lösungen sucht, um die nächste Gaskrise zu verhindern, herrscht in Österreich leider weiterhin das Prinzip Hoffnung. Trotz etlicher Bekundungen der Regierung, dem russischen Kriegstreiber Putin endlich den Rücken zu kehren, fließt weiterhin russisches Gas nach Österreich. Kürzlich lag dieser Wert sogar wieder bei 90%.

Innerhalb der europäischen Staatengemeinschaft wird Österreich damit zunehmend zum Sonderfall und sorgt für verständnisloses Kopfschütteln. Nicht zuletzt der „Blutgeld“-Sager von Martin Selmayer hat die österreichische Doppelmoral ins Zentrum der öffentlichen Diskussion gestellt. Obwohl die Bundesregierung nicht müde wird zu betonen, wie wichtig ein Ausstieg aus russischem Gas sei, sieht die Realität leider anders aus. Denn Fakt ist, dass die OMV weiterhin an ihren Verträgen mit Russland festhalten will und es hier keine realistischen Absichten gibt, die Milliardenzahlungen in die russische Kriegskassa einzustellen.

Indem weiterhin darauf gesetzt wird, dass Gas aus Russland konstant weiterfließt, wurden wichtige Infrastrukturprojekte auf die lange Bank geschoben. Trotz der ukrainischen Ankündigung, ihre Gaslieferverträge mit Russland 2024 nicht zu verlängern, wodurch der Gastransit durch die Ukraine zum Erliegen kommen wird, weigert sich die österreichische Bundesregierung, dieses Szenario ernst zu nehmen und sich um eine Diversifizierung der Gasquellen zu kümmern bzw. die dafür benötigte Infrastruktur zu errichten. So bräuchte es etwa dringend den sogenannten WAG-Loop, der es ermöglichen würde, mehr Gas aus Westeuropa zu importieren. Doch konnte dieses Projekt trotz der eingemahnten Dringlichkeit bisher nicht umgesetzt werden. Statt sich auf den Ernstfall vorzubereiten, wird weiter darauf gesetzt, dass russisches Gas auch 2024 nach Österreich fließen wird. Diese Blauäugigkeit ist fahrlässig und könnte uns nächstes Jahr teuer zu stehen kommen.

Die Unsicherheit am Gasmarkt ließ aber bekanntlich auch die Strompreise durch die Decke gehen. Infolgedessen geriet die Preisbildung am österreichischen Energiemarkt zunehmend in die Kritik. Während viele Bürger nicht mehr wissen, wie sie ihre Energierechnungen zahlen sollen, häuften sich 2023 die Meldungen über Rekordgewinne österreichischer Energieunternehmen. Viele dieser Unternehmen befinden sich darüber hinaus in teilstaatlicher Hand. Dies sorgte zu Recht für weitgehendes Unverständnis und erweckt den Eindruck, dass sowohl große Energieanbieter als auch Bund und Länder von der Krise profitieren.

Die Regierung begegnet der Kostenproblematik etwa mit Stromkostenzuschüssen. Diese vermeintliche Großzügigkeit bezeichnete der WIFO Chef Gabriel Felbermayr kürzlich in einem Interview als „Schildbürgerstreich“: Länder und Bund profitieren durch ihre weitverzweigten Beteiligungen an den Rekordgewinnen von Stromunternehmen. Gleichzeitig wird Steuergeld zur Stromkostenkompensation verteilt, das jedoch erneut in genau diesen Unternehmen landet. Als Anteilseigner hätten Länder und Bund eigentlich die Verantwortung, maßregelnd auf die Preisgestaltung der Stromanbieter einzuwirken. Doch leider ist bisher nichts in diese Richtung geschehen. Ganz im Gegenteil dürfte die Regierung mit ihrer Maßnahme die Stromkosten sogar künstlich hochgehalten haben. Und kürzlich wurde diese sogar verlängert.

Das Jahr 2023 hat uns also eindringlich vor Augen geführt, dass die österreichische Energiepolitik in veralteten Strukturen feststeckt, die der dringend notwendigen Energietransformation im Wege stehen. Statt entschlossen an der Diversifizierung der Gasquellen zu arbeiten, dringend benötigte Infrastruktur zu errichten, die Verlegung von Erdkabeln endlich als Standard vorzuschreiben, den Ausbau der Erneuerbaren voranzutreiben und Energieunternehmen endlich in die Verantwortung zu nehmen, hat die Regierung das Jahr 2023 leider erneut untätig verstreichen lassen. Somit wird sich Österreich auch 2024 im energiepolitischen Blindflug befinden.

Über die Autorin

Karin Doppelbauer ist Energiesprecherin von NEOS im Nationalrat, Bio-Landwirtin und Vorstandsmitglied eines international tätigen Technologiekonzerns.

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