Stellen Sie sich vor, Sie hätten das Einmaleins in der Schule nicht gelernt. Stellen Sie sich vor, Sie hätten in jungen Jahren nicht verstanden, dass eins plus eins zwei ergibt und noch eins dann drei. Wie würde ihr Leben jetzt ablaufen, wenn dieses Basiswissen fehlen würde? Wie würden Sie einkaufen gehen, Ihre Zeit einteilen, ein Kochrezept befolgen oder ein Tennisspiel mitverfolgen?
Wenn wir als Gesellschaft unseren Kindern jetzt nicht grundlegende digitale Bildung zukommen lassen, bringen wir ihnen die Basislogik der Welt nicht bei, in der sie leben werden. Genau, als hätten wir damals nicht rechnen, schreiben oder lesen gelernt.
Haben alle Kinder die gleichen Chancen, das 1x1 zu lernen?
In den letzten Jahren haben Kinder aus bildungsnahen und/oder gutsituierten Familien in Privatunterricht Programmierkurse und Programmiercamps besucht. Spielerisches Programmieren ist tatsächlich ein großartiger Weg, die Grundlagen der digitalen Welt kennenzulernen und zu verstehen. Private Programmierkurse sind allerdings aufwendig, daher auch kostenintensiv und bei weitem nicht für alle Eltern leistbar. Was daher in den letzten Jahren passiert ist: die berühmte Bildungsschere geht immer weiter auf. Die Kinder wischen auf ihren Mobiltelefonen hin und her, aber ohne Verständnis dafür, was im Hintergrund passiert, welche Ergebnisse damit verbunden sind und welche Gefahren sich dahinter verstecken.
Der Unterschied zwischen Grundverständnis und Anwendung
Digitale Grundbildung hat viele Aspekte. Der Lehrplan für Volksschulen ab Herbst 2023 beinhaltet bereits ein Fach „Informatische Bildung und Medienbildung“. Der Inhalt ist leider noch nicht näher definiert, da bisher noch sehr wenig Know-how vorhanden ist, wie digitale Bildung für 6-10 jährige Kinder tatsächlich ausschauen soll. Wir sind also erst am Anfang und es werden noch ein paar Jahre vergehen, bis wir als Gesellschaft unsere Kinder tatsächlich gut auf das Leben in der digitalen Welt vorbereiten werden können.
Ein grundlegender Aspekt der digitalen Grundbildung wird oft vergessen oder verwechselt: Digitale Grundbildung besteht nicht aus Word, Excel und PowerPoint. Auch nicht aus der richtigen Anwendung von WhatsApp oder ChatGPT, oder einzelner Programmiersprachen. Das sind Tools, deren ANWENDUNG gelernt werden soll. In der Schule, neben der Schule oder danach.
Das Ziel der digitalen Grundbildung muss aber ein VERSTÄNDNIS für die Grundkonzepte der Informationstechnologie sein. Das Verständnis für Befehle, für einfache Algorithmen oder dafür, warum Computer überhaupt etwas tun. Und ein Basisverständnis für die Funktionsweise des Internets, für die Gefahren der eigenen Aktionen und Reaktionen im Web, und für die riesigen Vorteile, die uns diese Technologien bieten können, wenn wir richtig mit ihnen umgehen.
Denn nur Menschen, die die Basis – das 1x1 der digitalen Welt verstanden haben – werden die nächste Anwendung, die Programmiersprachen, die es jetzt vielleicht noch gar nicht gibt, die nächste Künstliche Intelligenz usw. lernen, verstehen und meistern können. IT-Unterricht mit Word, Excel und PowerPoint ist daher gut und wichtig, aber bei Weitem nicht alles.