Die stärksten und wirksamsten Hebel gegen transgenerationale Armut sind gute Bildung und Gesundheit unserer Kinder! Daher gilt es die Entwicklung aller Kinder bestmöglich zu unterstützen, insbesondere jener, welche unter besonderen Entwicklungsbelastungen oder -beeinträchtigungen leiden. Zudem ist bekannt, dass Bildungsinvestitionen je früher im Leben eingesetzt, einen umso höheren volkswirtschaftlichen Nutzen erbringen. Dieser Effekt verstärkt sich noch deutlich bei Kindern mit schwachem sozioökonomischem Hintergrund. Die Budgetstruktur in Österreich ist allerdings hierzu genau invers. Das ist bedauerlich, da eine geänderte Ausgabenstruktur deutlich effektivere Ergebnisse bringen könnte. So lag Österreich 2018 in der Bildungsmobilität auf dem 23. Platz von 24 OECD-Ländern. Nach wie vor hat hierzulande die berühmte Studie von Feinstein Gültigkeit, welche besagt, dass der sozioökonomische Status einer Familie für die Bildungslaufbahn eines Kindes stärker wirksam ist als dessen Begabung.
Die ersten 1000 Lebenstage sind wesentlich entscheidend für die Entwicklung von Gehirn und Persönlichkeit. Hochwertige Elementarpädagogik erfordert daher einen geeigneten Betreuungsschlüssel und qualifiziertes Personal. Aktuell liegt der Betreuungsschlüssel in Krippen bei ca. 1:9; wissenschaftlich gefordert ist gerade einmal die Hälfte davon. Welche Betreuungsqualität ist wohl zu erwarten, wenn eineerwachsene Person neun ca. 2-jährige Kinder zu versorgen hat? Da kann weder kreativ gefördert oder Stress reguliert noch feinfühlige Beziehung gelebt werden. Das ist bloßes Notprogramm für alle Beteiligten und eine frühkindliche Bildung ist nicht mehr möglich. Zusätzlich fehlen landesweit hunderte inklusive bzw. heilpädagogische KiGa-Plätze. Wartezeiten von Jahren sind keine Ausnahme, wodurch Kindern ihre pädagogische Außenwelt- und Peer-Group-Erfahrung verwehrt und Eltern in unfreiwillige Arbeitslosigkeit getrieben werden. Der Schaden für das einzelne Kind, die Familie und die Gesellschaft ist enorm!
In dieser Altersgruppe ist auch der Einsatz von pädagogischen Quereinsteiger:innen äußerst skeptisch zu beurteilen. Ein „gutes Herz und feines Gespür“ mag für manche Anforderungen genügen. Dies ist aber kein ausreichender Standard, um einen gelingenden Umgang etwa mit Krisen oder hoch bedürftigen Kindern bzw. Problem-belasteten Eltern zu gewährleisten.
Der Zugang zur öffentlichen Kinderbetreuung sollte nicht an Eltern-Bedingungen wie Arbeits-platz, o.a. geknüpft sein, sondern alleine über Bedarfskriterien des Kindes erfolgen.
Es sollten flächendeckende Präventionsprogramme zur bio-psycho-sozialen Gesundheit, deutsche Sprachförderung auch in privaten Kindergärten und eine deutlich verstärkte Elternarbeit mit entsprechenden zusätzlichen Personalressourcen angeboten werden.
Der Übergang in das Schulsystem könnte durch ein rechtzeitiges Screening zur Erfassung der bio-psycho-sozialen Gesundheit ergänzt werden, um Entwicklungsbeeinträchtigungen frühestmöglich zu erkennen und pädagogisch darauf zu reagieren sowie qualifizierte Therapie- bzw. Fördermaßnahmen einleiten zu können. Unerkannt scheitern jene Kinder oft schon früh an den ersten Schulanforderungen und nehmen das Eigenbild des Versagens in die weitere Bildungslaufbahn mit. Ein solches Übergangsmanagement wäre ein wertvolles Instrument, um Auswirkungen gesundheitlicher und sozialer Ungleichheit zu einem frühen Zeitpunkt wahrzunehmen und durch Maßnahmen so weit wie möglich zu kompensieren. Eine solche Schuleingangsuntersuchung würde im Unterschied zum MuKi-Pass alle Kinder eines Jahrganges erreichen und somit auch eine bedeutende Datenquelle für Kindergesundheit sein. Sie wäre jedenfalls eine wesentliche Weichenstellung, um Folgen sozialer Ungleichheit auf Gesundheit und Bildungsverläufe zu mildern.